here we go. wortwörtlich. ich und meine 11 kg hab und gut für die nächsten wochen auf dem rücken. in sargans angekommen, biege ich prompt schon das erste mal falsch ab. gut gibt es in den bergen nicht so viele strassen, denke ich mir. diese statistische überlegung habe ich mir einen tag später selbst widerlegt, als ich das zweite und letzte mal falsch lief und unnötigerweise einen bach überquerte. weil ich meine schuhe impregniert hatte und extra vorsichtig auf den eher unstabilen steinen über den nicht ganz untiefen und unbreiten bach balanciere, schwappt natürlich von oben wasser in die schuhe. immerhin hatte ich dann für die rücküberquerung gelernt und der andere schuh blieb trocken. aber zurück an den anfang: in sargans bin ich schnell wieder auf dem richtigen weg – der nationalen route nummer eins. was nach autobahn tönt sind in wirklichkeit meist nur etwa dreissig centimeter breite trampelpfade. ist das die manifestation schweizer bescheidenheit? auf jeden fall ist auch die markierung der wege auf eine andere art schweizerisch. damit meine ich nicht die farben rot und weiss, die die bergwanderwege kennzeichnen, auf denen die via alpina verläuft. vielmehr ist die markierung sehr gründlich. und zeigt den weg deutlich. ich meine, sogar wegweiser sind ausgeschildert („zum hauptwegweiser 1 min“). quasi meta. wenn man denn hinschaut. mein rationales ich realisiert, dass ich um weiterhin schöne bergspitzen zu bewundern, ein-zwei blicke mehr auf den boden werfen muss. interdependenz und gratifikationsaufschub und so. deshalb passe ich den rhythmus von steinen vor den füssen beachten, nächstes wanderzeichen suchen und berge bewundern an und schliesse damit das kapitel der falschen abbiegungen.

sargans – elm
der weg rauf zum ersten pass der via alpina geht durch das weisstannental das sowohl sagenhaft schön wie auch sagenumwoben ist. und weil das entschlüsseln der sagen der halbe spass ist: „ischt ämol ä melser mit ghudletä schuenä gu wysstannä hinderi. hät schu äbitz tungglet. duä gköört er di aignä schuä chlipperä und maint, äs chämm em ainä nochä. är häts mit dr angscht z tuä überchuu und hät aafgangä uuszüchä, was er hät müügä. aber das hät nu na ä längeri mee gchlipperet. är hät blous mee dr schnuuf überchuu. ufzmol stout er still und sait: so, tüüfel, chasch mi haa, ich mag nümä…„. um sicherzugehen dass es bei teuflischen wässerchen bleibt und die bösen naturkräfte ferngehalten werden, ist der uralte brauch, den alpsegen in die eindämmernde nacht zu rufen bis heute auf den weisstanner alpen lebendig. das abgeschiedene tal ist jedoch keineswegs in der vergangenheit stecken geblieben. hinten im tal befindet sich eine der modernsten alpen in der schweiz. mit milchpipelines zu den umliegenden alpen und so fancy shit.
weiter geht es gemäss wandertafel, diesmal etwas weniger meta, in „alle richtungen bergwärts“. tönt gut. ist steil. ein bergsturzgelände, zwei alpen und ziemlich viel höhenmeter später ist der foopass in sicht.

mit dem verlassen des weisstannental auf dem foopass beginnen die berge kopf zu stehen. nein, so dünn war die luft auch wieder nicht, die berge sind wirklich verkehrt. angefangen hat das ganze vor 100 millionen jahren als die europäische und afrikanische kontinentalplatte zu knautschen begannen. abtragungen, erosion und noch mehr knautschen haben gesteinsschichten unterirdisch übereinandergetragen, was dazu führte, dass heute die alten gesteinspakete (300 millionen jahre) die spitzen der berge bilden, welche das darunterliegende junge gestein (nur bis 50 millionen jahre) trägt. die dadurch entstandene linie zwischen den gesteinsgenerationen nennt sich die glarner hauptüberschiebung. fertig sind die kontinentalplatten aber auch nach millionen von jahren noch nicht – der wettlauf von abtragen, stapeln und knautschen ist wohl der langsamste ever. mal einen blick auf den zwischenstand kopfstehende berge zu werfen lohnt sich auf jeden fall. findet imfall auch die unesco, die die tektonikarena sardona zum welterbe erklärt hat.

auch mehr oder weniger alle höhenmeter wieder runtergelaufen ist es schön. und auch die citro, die in elm quasi pflicht ist, schmeckt nach einem tag wandern noch besser. alles wunderbar. bis auf das wetter am nächsten tag. aber es ist auf die schönste art unschön.

elm – linthal
und noch schöner machen das wandern die begegnungen. von einfachen grüezis zur kommentierung schöner geröllhalden und tiefen gesprächen sowie lieben menschen, die ihre tür trotz geschlossener unterkunft öffnen oder dir die durchnässte kleidung waschen. oder mit dir laufen. wie alexandra. meine namensvetterin läuft die via alpina ebenfalls alleine. wir trafen uns auf dem weg zum richetlipass und beschliessen dem regen, der kälte und dem wind gemeinsam zu trotzen. wettermässig half leider auch der schäfer, der versuchte löcher in die wolken zu starren, wenig. andererseits sehen wir nicht wie hoch rauf es noch geht – oder wie weit runter und wir können uns voll und ganz auf die rutschigen gratwege konzentrieren. mal oben, wollen wir so schnell als möglich wieder vom richetlipass runter, weil richtig ungemütlich. gut gibt es unterwegs trockene, windstille notunterkünfte wo wir kurz eine picknick-pause einlegen können, bevor wir die runterrutschpartie in wärmere gefilde fortsetzen. spätestens jetzt wurde ungemütlich zu ziemlich lustig. beispielsweise das wasser in den schuhen, dass beim rauflaufen zu den fersen strömte und beim runterlaufen wieder zu den zehen zurückfloss. und das strandgefühl bei jedem schritt wenn du das wasser zwischen den zehen spürst. ja, wanderglück schlägt schlechtes wetter. bei weitem.

linthal – klausenpass
und weils so schön war und schöner wird (kein regen, yay), beschliessen alexandra und alexandra noch einen gemeinsamen wandertag anzuhängen – ein tag voller bereichernder gespräche über das leben, inklusive biogasanlagen. und wir sahen wieder etwas!

zwischendurch einen blick zurückzuwerfen lohnt sich nicht nur wegen der schönen aussicht. dabei sollte man sich jedoch immer auch der gegenwart bewusst sein (keine verlaufer mehr und so) und das ziel im blick behalten. zumindest bis der nebel wiederkommt. aber der kam zum glück erst auf den letzten höhenmetern rauf auf den klausenpass. immerhin ohne regen – dafür mit schnee.

nur in shorts bin ich schon ein bisschen froh, dass es bis zum hotel klausenpasshöhe nur noch ein kilometer ist. die warme dusche und die klassisch-antike atmosphäre des schiefen hotels mit seinen herzlichen mitarbeiterinnen wärmten von aussen und innen. kann ich also empfehlen. und tipp für wenn ihr geht: die oropax auf dem schränkchen sind nicht teil der deko. das hotel wurde 1903 gebaut und ist… hellhörig. und wie erwähnt ein bisschen schräg und uneben. sie sagen es kommt vom schnee, das das hotel jedes jahr ein bisschen mehr neigt. würde aber in frage stellen, ob das schnarchen der zimmernachbarn nicht auch ein bisschen mitschuldig ist. auf jeden fall ein hotel mit charakter und charm. i like.
klausenpass – attinghausen
am nächsten tag ist der schnee weg und der regen wieder da. also an mit regenhose und pellerine und weiter gehts. zuerst auf dem schächentaler höhenweg und dann runter nach altdorf.

schon mal dort musste ich natürlich auch tell kurz grüssen. und ich sag dir, ein mal rebell, immer rebell. nur heute noch ein bisschen modischer, denn hüte, die er im 13. jahrhundert zu grüssen verweigerte, trägt er heute. bold move buddy.

nun, ein paar schrittchen sind getan und ich bin in der zentralschweiz angelangt. im nächsten blogeintrag geht es weiter. nicht nur wortwörtlich. gwundrige können bis dann auch via meine insta-story zur via alpina einen blick auf die nächsten etappen werfen.
Das Lesende wird durch die lebhafte Beschreibungen und ausdrucksreiche Wortwahl in die Wandererlebnisse bildlich eingeführt und eingezogen (was die tatsächlichen Bilder anbelangt ist es leider so, dass mindestens auf meinem PC die drei Fotos zu foopass weisstannental, ämpächliweg zu richetlipass und richetlipass nicht ersichtlich sind). Man wird in der Lage bzw. in den wässrigen Schuhen versetzt, die Wanderung mitzuerleben und –empfinden. Ein wahrhafter Lesende-Genuss!
Mit einem weiterhin „light touch“ wird das Neudeutsch – sprich Amerikanische – geschickt hie und da platziert. Durch die hervorgerufenen Kontraste wird das Vertraute neu betrachtet – der altgediente Tell wird als „buddy“ adressiert und auf jahrhundertalten Schweizer Alpenwiesen wird „fancy shit“ erspähend ausgemacht. Gibt nur zum Wunder Anlass, woher die versehrte Anwendung von Umgangssprache aus den USA stammt; möglicherweise aus dem Konsum von unzähligen Hollywood-Filmen? 😉
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vielen dank für die rückmeldung und den hinweis zu den bildern – werde ich anschauen.
zum leichten neudeutsch: da sind ein mix aus freude an worten und sprachen, bücher, reisen und freunde inspiration 🙂
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